Rat mal, wer zum bloggen kommt
dpa Nürnberg
Im Rathaus brennt noch Licht. Gespannt starren Bürgermeister und Bedienstete auf einen Computermonitor. Sie warten auf Neuigkeiten. Doch heute, am Donnerstag den 19. April 2007, tut sich nix …auf ‚Facing-my-life.de‘.
„Wir haben schon über eine Stecke von 7 km den Asphalt aufgerissen, Pflastersteine hochgehoben und alte Omas umgeschubst“, sagt der Bürgermeister und wischt sich den Schweiß von der Stirn. „Aber die DSL Leitung scheint in Ordnung“.
„Wir wissen es nicht! Wir wissen nicht, wie es ihm geht, oh Herr. Wir können es nicht herausfinden!“, gibt eine spärlich bekleidete, junge Sekretärin schreiend zu Protokoll, während sie an uns vorbei über den Flur des Rathauses läuft.
Auch die Dame vom Empfang ist völlig in Tränen aufgelöst: „Wir hätten ja längst schon mal im Theresienkrankenhaus angerufen und uns erkundigt“, schluchzt sie, „aber ich kann das Telefonbuch nicht unter meinem Stuhlbein herausziehen, sonst kippelt der Stuhl“. Dann ändert sich schlagartig ihr Gesichtsausdruck. „..und das macht mich WAHNSINNIG, wenn der Stuhl kippelt. Hören sie? WAHNSINNIG!“, faucht sie inbrünstig, und ihre Oberweite schwappt aus der engen Bluse.
Der sonst so friedfertige Herr von Standesamt steht unsicher mit einem angeklebten Bart und einem Dreizack bewaffnet im Foyer. Er berät in einem kleinen Kreis weiterer Mitarbeiter, ob man es riskieren könne, die Telefonistin unauffällig auf den Scheiterhaufen zu werfen. Schließlich wäre die Glut noch warm und beim Admin der IT hatte es ja auch schon funktioniert.
Es ist jetzt kurz vor Neun. Auf den Fensterbänken im obersten Stock herrscht ein arges Gedränge, aber niemand will zuerst springen, bevor der Kaffee im Haus nicht wirklich restlos alle ist. Da kommt mit kreischenden Reifen ein schwarzer Mercedes vor dem Rathaus zum stehen. Die Tür öffnet sich. Mit schmatzenden, stöhnenden Lack-auf-Leder Geräuschen entsteigt dem Gefährt: Die Fürther Landrätin Pauli, gekleidet in ihrer allseits bekannten Freizeitkluft.
Ein scharfer Knall ist zu hören, als die schöne Landrätin mal kurz ihre Peitsche durch die Luft sausen läßt. Es ist plötzlich ganz still. „Herhören!“, ruft sie im herrschenden Tonfall, „Ich habe zwar keine Neuigkeiten aus dem Krankenhaus …doch immerhin weiß ich etwas anderes“. Die Türen des Rathausportals platzen förmlich auf und Mensch und Maschine stürzen unsortiert auf den Vorplatz, um der Landrätin auf Knien zu huldigen und ihr die Stiefel zu lecken. „Erzähl es uns“, frohlockt der Mob, „sagt uns, was hier gespielt wird“
Derweil kramt die Landrätin seelenruhig ein Schriftstück aus ihrer schwarzen Lackhandtasche. Es ist eine Email. „Onkel Crosa hat Bedenken!“, verkündet sie unheilsschwanger und läßt genüsslich ihre Blicke über die Rathausinsassen schweifen, die mit entsetztem „Oh weh“ erneut das Pflaster küssen. „Er hat Bedenken des heutigen Donnerstags wegen. Er kann heute …nicht bloggen!“
Unter den Anwesenden bricht Zeter und Mordio aus. Pauli hat Schwierigkeiten, die apokalyptische Stimmung wieder unter Kontrolle zu bekommen. „RUHE“, brüllt sie, „RUHE verdammt noch mal“ und läßt wieder die Peitsche knallen. Sofort herrscht wieder Stille. „Was heißt das, ‚Er kann nicht blocken‘? Was nicht blocken?“, entblödet sich spärlich bekleidete, junge Sekretärin aus den hinteren Reihen zu fragen. Der Mann vom Standesamt piekt ihr den Dreizack in den Hintern und genießt es sichtlich.
„Aber weil Crosa nicht will, dass der heute Donnerstag ein unbeschriebenes Blatt bleibt“, fährt Pauli fort, „hat er einen Gastaccount eingerichtet“. Niemand wagt es zu atmen. Dutzende gebannter Blicke hängen an den knallroten Lippen der Landrätin. „Und dieser Gastaccount“, ruft sie und hält die Email hoch, „ist gerichtet an:“. Eine dramatische Pause folgt. Das gleichzeitige Einsaugen von Atemluft in der Masse erzeugt kurzzeitig ein Vakuum, dem eine vorbeiziehende Schwalbe zum Opfer fällt.
„Seven Spiders“, posaunt Pauli triumphierend heraus und läßt die Email im Wind flattern, so dass die ISO-Zeichenkodierung durcheinander gerät. In der nächsten Sekunde verwandeln sich dutzende Gesichter der Extase in sprichwörtliche Fragezeichen. „Äh, ..wer?“ fragt jemand. Frau Pauli rutscht der Triumph vom Gesicht auf’s Pflaster. Der Mann vom Standesamt und unterbricht sein erregtes Handgemenge mit der Sekretärin. „Och nee jetzt, oder?“
posted by SevenSpiders, weil Crosa das so wollte
*wegduck*
7 Comments
AndiBerlin
Hihi, sehr fein geschrieben. Danke.
Jamaicaneisbaer
lol… die Kollegen liegen am Boden! Einfach genial!
little-wombat
absolut cool geschrieben… das schreit irgendwie nach MEEEEHHHRRR 🙂
silly
applaus!!! toll geschrieben! sehr amüsant! Daumen hoch!
Tino
Wird Zeit, dass Du bald wieder Deinen eigenen Blog weiterführst Seven! 🙂
tobi
Gut verpackte Story. Und auf jeden Fall sehr amüsant.
Crosa
vielen, vielen herzlichen dank fur die mehr als wuerdige vertetung. ich sollte oefters ausfallen, kleinbloggersdorf braucht unbedingt die wiedereroeffnung von sevenspiders.de. morgen(sonntag) um 10 ihr ist hier abflug, dann mach ich gleich nach dem doppelwhopper icq an. bis morgen, und nochmals vielen dank fur den tollen text.