Komplex (vom 3.11…)
[wurde am 3.11 geschrieben und wäre fast als Entwurf verhungert…]
Freitag Abend war es endlich soweit. Seit Wochen spukte mir der Film im Kopf herum, aber die Gelegenheit zum Filmtheaterbesuch wollte sich nicht einstellen. Die Kinocrew konnte diesen Freitag nicht, also waren die Crosas nur zu zweit. Die Überschrift lässt es erahnen, es ging um den Baader Meinhof Komplex.
Ich hatte etwas Angst, der Film würde zu sehr den Stempel von Herrn Aust aufgedrückt bekommen und stark einseitig aufgebaut sein. Eines vorneweg, dieser Verdacht wurde zum Glück nicht bestätigt.
Das Thema ist natürlich brandheiss, und bürgt die Gefahr sich daran die Finger zu verbrennen. Herausgekommen ist aber genau das, was ich mir von dem Film gewünscht hatte. Eine relativ neutrale (kann man das überhaupt beurteilen ohne selbst dabei gewesen zu sein ?) Abarbeitung der Ereignisse mit zum Teil sehr detaillierten Einblicken, spannend verpackt in wirklich sehr gute schauspielerische Darstellungen.
Die unvermeidbaren Gewaltdarstellungen/Exikutionen gehören sicherlich zu den nicht ganz leicht umzusetzenden Pflichtinhalten des Films. Die Kamera so nahe anzusetzen, als würde der Zuseher selbst abdrücken halte ich für richtig und wichtig um sich mit dem Thema „Gewalt für die Sache: Richtig oder Falsch“ möglichst Objektiv auseinander zu setzen.
Die Darstellung von Martina Gedeck als Ulricke Meinhof in der Isolationshaft lässt den Zuschauer erahnen was Isolationshaft bedeuten mag. Überhaupt zeigen alle Schauspieler eine beachtliche Leistung.
In meinen Augen schafft es der Film überraschend gut, die schmale Linie der Neutralität nicht zu verlassen und sich als in einen Spielfilm verpackten Beobachter zu behaupten. Ob es wirklich so war bleibt natürlich für immer ein Geheimnis der Mitglieder der RAF, der Film ist aber zweifelsohne der beste seiner Art zu dem Thema und auch ein Film der einem länger als einen Abend im Gedächtnis bleibt und auch ebensolange beschäftigt.
Prädikat unbedingt sehenswert…
5 Comments
Optimum
In teilen mag ich mich hier anschließen, dennoch glaube ich, dass Neutralität nicht unbedingt die Stärke des Films ist, sondern hinsichtlich dem Unterhaltungswert teilweise geopfert wurde.
Gerade im ersten Drittel des Filmes hat man das Gefühl (so zumindestens bei mir) als wenn ein paar Drogen und die Unlust auf den Staat ausreichen um mal ein paar Menschen anzuschießen. Ist doch alles nicht so schlimm. Um die Welt reisen, Autos klauen und hier und da mal die Waffe abfeuern.
Crosa
Der Versuch mit dem Werbelink ist ja nett, aber völlig Umsonst, wird so wie so sofort geändert !
Der Film muss eine sehr grosse Zeitspanne abdecken und kämpft sicherlich damit, dass gewisse Zusammenhänge nur „angeschnitten“ werden. Die Ohnmacht gegen den Staat wird dafür aber in den wenigen Szenen sehr eindrucksvoll dargestellt.
DieHausfrau
Ich finde es beeindruckend, wie viel Stoff, Charaktere, Handlung etc. so gelungen, unterhaltsam, aufrührend, in etwas über 2 Stunden gepackt wurden. Ich glaube wirklich, besser hätte das nicht gelingen können. Das es letztendlich ein Spielfilm, der unterhalten soll, bleibt, muss jedem bewusst sein. Aber mich hat er angeregt, mich mit diesem Thema zu beschäftigen … das ist doch was, oder?!
Crosa
@DieHausfrau
100% agree
herr axel
ich schließe mich der hausfrau voll und ganz an. es ist ein spielfilm fürs kino und keine doku für den discovery-channel oder für arte. insofern ist ‚unterhaltung‘ in diesem film zwingend notwendig und er ist erschreckend nahe an der realität gedreht worden. für alle, die dem film zu viel ‚action‘ oder grausamkeiten vorwerfen sei gesagt: so war es (leider) auch. mein größtes kompliment für diesen film gilt die tatsache, daß er nicht aus einem blickwinkel heraus gedreht wurde sondern objektiv einfach fakten darstellt – selbstverständlich in spielfilm-form.